Blättert man in den Katalogen der Volkshochschulen in Deutschland, so entdeckt man neben den Standardangeboten Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch immer wieder auch die eine oder andere slawische Sprache – recht häufig ist dies Kroatisch.
Rund 1 Millionen Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien leben in Deutschland, davon haben schätzungsweise 400.000 kroatische Wurzeln. Jedes Jahr zieht es rund eine Millionen Deutsche zum Urlaub in das Land an der Adria. Es gibt also verschiedene Motive dafür, Kroatisch zu lernen – für den einen mag dies der Wunsch sein, sich im Urlaub verständigen zu können, für den anderen, sich mit Freunden oder dem Ehepartner in dessen Muttersprache unterhalten zu können.
Kroatisch – eine südslawische Sprache
Während in Deutschland in der Schule vorwiegend germanische (Deutsch, Englisch, Niederländisch u.a.), und romanische Sprachen (Latein, Spanisch, Italienisch, Französisch, Portugiesisch) unterrichtet werden, gibt es nur sehr wenig Kontakt zu slawischen Sprachen. Diese werden unterteilt in ostslawische (z.B. Russisch), westslawische (Polnisch, Tschechisch, Slowakisch u.a.) und südslawische Sprachen (Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch, Serbisch, Slowenisch u.a.). Eine Sprache aus einem Sprachraum zu beherrschen, bedeutet selbstverständlich nicht, dass man Sprecher aus anderen Ländern verstehen kann.
So sind Deutsch und Englisch recht verschieden. Das Niederländische hingegen wirkt häufig wie eine Mischung aus Deutsch, Englisch und anderen Teilen, so dass man als Deutscher zumindest einige Wörter erraten kann. Ähnlich ergeht es den Slawen. Ein Kroate kann sich z.B. nicht wirklich mit einem Russen unterhalten, auch wenn sie zum Teil verwandte Wörter verwenden. Bosnier, Serben und Kroaten können sich hingegen vortrefflich miteinander unterhalten. Ihre Sprachen liegen so eng zusammen, wie in anderen Ländern verschiedene Dialekte. Zu Zeiten Jugoslawiens wurde daher als Amtssprache „Serbokroatisch“, bzw. „Kroatoserbisch“ genutzt. Slowenisch und Mazedonisch hingegen sind eigenständigere jugoslawische (jug = süd) Sprachen.
Lerntreppe vs. Lernkurve
Für einen Spanier ist es relativ leicht, Italienisch zu lernen und ein Deutscher tut sich in der Regel leichter damit, Englisch als Französisch zu lernen. Innerhalb der eigenen Sprachfamilie bewegt es sich leichter. Doch auch der Sprung vom Deutschen zu einer leichteren romanischen Sprache wie dem Spanischen ist relativ einfach. Es werden (beinahe) sämtliche Buchstaben gesprochen, die grundlegende Grammatik ist einfach zu erlernen und viele Wörter existieren als Fremdwörter (mit lateinischem Ursprung) auch in unserer Sprache. Das Erlernen fühlt sich daher für viele Studierenden so an, als ob man sich einen Hügel hinaufbewegt. Ein anderes Bild wäre eine Kurve, die langsam ansteigt. Man beginnt relativ früh, eigene Sätze zu konstruieren und der Fortschritt ist stetiger Natur. Selbstverständlich gibt es ab und an einige Schwierigkeiten mit Konstruktionen, die das Deutsche nicht kennt (z.B. dem Subjunctivo).
Für einen Menschen, der seine erste slawische Sprache, z.B. das Kroatische erlernt, zeigt sich zumeist ein anderes Lernbild. Anstatt einer leicht ansteigenden Kurve gegenüberzustehen, fühlt sich das Erlernen eher wie Treppensteigen an – und zu Beginn befinden sich einige sehr große Stufen. Vor allem die vielen Wörter, die überhaupt keine Gemeinsamkeiten mit den gewohnten Vokabeln zu haben scheinen, stellen zunächst eine Hürde dar. Weiterhin die recht komplexen Deklinationen und geschlechtsabhängigen Konjugationsformen. Der Start in eine slawische Sprache ist für einen deutschen Muttersprachler in der Regel schwieriger und erfordert ein wenig mehr Disziplin und Fleiß. Doch nachdem die ersten Treppenstufen gemeistert wurden, bildet sich auch hier die gewohnte Lernkurve aus.
Erste Stufe – das Alphabet und die Laute
Das kroatische Alphabet besteht aus 30 Buchstaben. Mit den Buchstaben č, ć, ž, š und đ sollte sich ein Lerner zu Beginn ausgiebig beschäftigen und die Aussprache üben. Č (wie „tsch“ in „Tschüss, eher hart) und ć (wie „tch“ in „Brötchen“, eher weich) klingen sehr ähnlich, teilweise ist der Unterschied kaum zu hören und auch recht viele Muttersprachler machen hier Fehler. Das ž klingt wie das „J“ in „Journalist“ und das š wie ein „sch“ (Saša = Sascha). Đ klingt wie ein weiches „dj“. Die deutsche Zunge tut sich weiterhin recht schwer mit dem gerollten „r“, das im Kroatischen verwendet wird.
Auch hier heißt es: Üben, üben und nochmals üben. Ansonsten hat das kroatische Alphabet nur wenige Herausforderungen zu bieten. Ein c wird wie das deutsche „z“ ausgesprochen, ein z wie ein stimmhaftes „s“ (wie in „Summe“ - die Hauptstadt Zagreb würde im Deutschen wohl „Sagreb“ geschrieben). Das kroatische s wird stimmlos (wie in „Klasse“) gesprochen. Die anderen Buchstaben und Betonungen lernen sich leicht. Im früheren Jugoslawien mussten auch Kroaten das kyrillische Alphabet lernen, das z.B. in Serbien und Russland genutzt wird. Heute wird in Kroatien nur das lateinische Alphabet verwendet. Historische Bedeutung hat für die Kroaten weiterhin die glagolitische Schrift, die in Teilen Kroatiens eine Zeit lang – vor allem im kirchlichen Kontext - genutzt wurde.
Weitere Stufen
Beim Erlernen der kroatischen Sprache gilt es selbstverständlich, weitere Stufen zu erklimmen. Hierzu gehören die Fälle der kroatischen Deklinationen. Das Kroatische kennt den Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Lokativ, Instrumental und Vokativ. Die Verwendung ist wesentlich einfacher als dies auf den ersten Blick erscheint. Der Dativ entspricht meist dem Lokativ, der Vokativ wird z.B. für direkte Anreden genutzt und der Instrumental markiert z.B. Hilfsmittel und Werkzeuge (z.B. „ich esse mit dem Löffel“).
Die Geschlechter entsprechen dem Deutschen (männlich, weiblich, sächlich), auch wenn die Wörter teilweise einem anderen Geschlecht angehören.
Die Konjugationen sind recht gut erlernbar und einige der existierenden Formen haben nur noch historischen Wert. Etwas ungewohnt ist der Verbalaspekt. Kroaten nutzen gezielt Wörter, die markieren, ob eine Handlung bereits abgeschlossen wurde oder noch andauert (ähnlich wie im Englischen, nur dass hier verschiedene Wörter verwendet werden). Hier gilt es, Wortpaare (z.B. kupovati und kupiti = kaufen) zu erlernen.
Lerntipps
Wie bei dem Erlernen von anderen Sprachen sind die Lernmaterialien sehr wichtig. Leider ist das Angebot hier sehr übersichtlich. Neben guten Grundlernbüchern (empfehlenswert sind hier z.B. die mehrsprachigen Werke mit dem Namen „Dobro došli“) und guten Grammatikbüchern (Empfehlung: Kroatische Kurzgrammatik von Cornelsen und PONS Verbtabellen Kroatisch), sind Wörterbücher wichtig (Langenscheidt hat sich hier bewährt). Kleinere Sprachführer helfen mit typischen Formulierungen (Tipp: Kauderwelsch Kroatisch).
Kroatische Sprachkurse findet man wie zu Beginn beschrieben an beinahe an jeder VHS und auch an vielen Universitäten. Lohnenswert und nicht unbedingt teuer ist jedoch auch ein Sprachkurs in Kroatien, denn nirgendwo lernt man eine Fremdsprache leichter und müheloser als in dem Land, in dem sie beheimatet ist. Kroatien ist eines der schönsten Urlaubsländer Europas und vielleicht sogar der ganzen Welt. Die herrlichen Küsten von Istrien und Dalmatien locken mit der Adria und mit sauberen Stränden, für die der Touristenverband des Landes schon oft ausgezeichnet wurde. Das Karstgebirge bietet dem Urlauber wunderschöne Naturschutzgebiete mit reicher Fauna, Flora und Wasserfällen. In den Regionen des Inlands warten idyllische Dörfer und die sehenswerte Hauptstadt Zagreb auf Touristen und Besucher.
Bild: Rosel Eckstein / pixelio.de