Das Opernhaus des Jahres

Jedes Jahr wird am Ende der Spielzeit Bilanz gezogen. Jedes Jahr stimmen fünfzig unabhängige Kritiker aus aller Welt, aufgefordert durch die renommierte Berliner Fachzeitschrift für Musiktheater „Opernwelt“, ähnlich wie im Kino, ab und geben Opernhäusern, Sängern, Aufführungen, Chören, Regisseuren, Bühnen- und Kostümbildnern ihre Stimme. Nach dem Ergebnis der Kritikerumfrage werden die Gewinner der Kategorien bestimmt und dürfen sich als „Sänger-“ oder „Chor-“ oder eben als Opernhaus des Jahres feiern lassen. Der Fokus liegt dabei auf dem deutschsprachigen Raum: Insbesondere deutsche, österreichische und schweizerische Bühnen werden begutachtet. Nominiert werden konnten Opernhäuser auf der ganzen Welt, auch kleinere Bühnen waren zugelassen. Selbst wer im Allgemeinen gegen Rankings in Kunst und Kultur votiert, erwartet das Ergebnis alljährlich mit einer gewissen Spannung. Bedürfen doch auch die Schönen Künste der medialen Förderung.

Einblicke in die Welt der Oper

Die tonangebende Fachzeitschrift Opernwelt bestimmt seit den sechziger Jahren entscheidend den Diskurs über das Musikgeschehen im deutschsprachigen Raum und genießt über die Szene hinaus höchstes Renommee. Namhafte Autoren wie Karl Heinz Ruppel, Joachim Kaiser, Klaus Geitel, Johannes Jacobi und Hans Heinz Stuckenschmidt haben über das deutsche Musiktheater berichtet und das Gesicht der Zeitschrift entscheidend geprägt. Seit 2004 wird die Berliner „Opernwelt“ von Albrecht Thiemann und Stephan Mösch geführt. Berichte über Aufführungen, Premieren, Festivals und Tagungen, Porträts von Sängern, Regisseuren und Dirigenten sowie Rezensionen zu CDs und Büchern werden durch Beiträge zu musikgeschichtlichen und kulturpolitischen Themen ergänzt. Die Zeitschrift bietet so Musikjournalisten, Intendanten, Künstlern und Intellektuellen gleichermaßen ein Forum der Verständigung. Das zum Ende der Spielzeit herausgegebene Jahrbuch der „Opernwelt“, in dem auch die Sieger der einzelnen Kategorien bestimmt werden, gilt als meist beachtete Bilanz des jeweiligen Musiktheaterjahres.

Auf ganzer Linie: Die Bayerische Staatsoper glänzt als Opernhaus des Jahres 2014

Man war sich einig: Die Bayerische Staatsoper wurde mit großer Stimmenmehrheit zum Opernhaus des Jahres 2014 gekürt. Lorbeeren gab es nicht nur für das ausgezeichnet geführte Haus mit seinem hervorragenden Spielplan und bestechendem musikalischen Niveau, sondern dezidiert auch für den Mut zu markanten Inszenierungen. In der Spielzeit 2011/12 war der Preis noch an die Oper in Köln gegangen. Es ist eine Ensembleleistung, auf die Staatsintendant Nikolaus Bachler mit Fug und Recht stolz sein darf. Denn Preise gab es nicht nur für das Haus selbst. Wer Kirill Petrenko beim Dirigat des „Rings“ in Bayreuth erleben dürfte, wurde Zeuge eines wahrhaft geschichtsträchtigen Moments. Dafür gebührte ihm die Auszeichnung als „Dirigent des Jahrs“. Der Einundvierzigjährige, der schon in Köln überzeugte, bewies sich auch als Generalmusikdirektor in München und führte das Staatsorchester in seiner ersten Münchener Spielzeit überzeugend durch drei Premieren: "La clemenza di Tito" von Mozart, "Die Frau ohne Schatten" von Richard Strauss sowie "Die Soldaten" von Bernd Alois Zimmermann. Letztere, von Andreas Kriegenburg inszenierte Produktion, wurde zur „Aufführung des Jahres“ gewählt. Eine Inszenierung von Calixto Bieito brachte die Komische Oper in Berlin. Das Bayerische Staatsorchester erhielt die Auszeichnung „Orchester des Jahres“. Doch auch die Sänger überzeugten: Hanna-Elisabeth Müller, die unter anderem die Servilia in Mozarts „La clemenza di Tito“ gab, darf ein Jahr lang den Titel „Nachwuchssängerin des Jahres“ tragen und ihr Kollege Michael Volle wurde, unter anderem für die Titelpartie in „Guillaume Tell“ von Rossini, als „Sänger des Jahres“ ausgezeichnet. München und seine Theater bieten Tradition und Moderne Raum. Die Staatsoper öffnet sich selbst dem Kino: Ausgewählte Vorstellungen finden sich kostenlos als Live-Stream im Internet. Mit Valtinonis "Pinocchio" beweist man auch Sinn für das Komische. Staatsintendant Bachler, befragt nach den Vätern des Erfolgs, verwies auf die tausend Mitarbeiter des Hauses, die alle ihren Anteil an den Auszeichnungen haben. Musik hat München und sein gesellschaftliches Leben stets entscheidend geprägt. Von Orlando di Lasso über Richard Wagner bis zu den großen Dirigenten Mariss Jansons und Kent Nagano haben bedeutende Persönlichkeiten Münchens Musikleben und Theater immer wieder gelobt. Für Staatsintendant Nikolaus Bachler sind die errungenen Preise in fünf Kategorien Bestätigung und Ansporn zum Mut. Musiktheater braucht Kontinuität, aber auch Veränderung und Leben. Dem öffnet sich das Münchener Haus. Und dafür wurde es reich belohnt. Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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