Was bedeutet Freigang?

Sieben Monate hat es gedauert, bis Uli Hoeneß, der wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis saß, so genannter Freigänger wurde. Warum das so schnell ging und in welchen Fällen es länger dauert, wird im Folgenden erklärt.

Im offenen Vollzug sein: Was bedeutet das?

Freigang oder auch Vollzugslockerung bezeichnet eine Lockerung der Haftbedingungen. Das heißt, dass der Gefangene sich für eine bestimmte Zeit außerhalb der Anstalt aufhalten darf, die Nächte jedoch weiterhin darin verbringt. Nach dem Strafrecht gibt es verschiedene Arten des Freigangs. Uli Hoeneß beispielsweise, darf seine freie Zeit ohne Vollzugsbedienstete verbringen. In anderen Fällen ist ein Beamter der Anstalt zugegen oder der Gefangene wird am Arbeitsplatz beaufsichtigt. Ein Freigänger ist also jemand, der quasi Urlaub von der Haft in der JVA nimmt und seinen Alltag bis auf die Nächte in Freiheit verbringt. Häftlinge können Freigänger werden, wenn einige Bedingungen erfüllt werden.

Freigang: Voraussetzungen

Um Freigänger zu werden, muss der Häftling außerhalb über ein soziales und berufliches Leben verfügen. Neben einem Arbeitsplatz ist vor allem eine Bezugsperson notwendig. Diese trägt dafür Sorge, dass der Häftling rechtzeitig in die JVA zurückkehrt und sich in das soziale Leben eingliedert. Laut Strafrecht ist Freigang dann möglich, wenn der Gefangene im Gefängnis ein gutes Verhalten zeigt, sich aktiv an der Aufarbeitung der Delikte beteiligt und generell in einer stabilen Gemütsverfassung ist. Häftlinge, die sucht- oder fluchtgefährdet sind, eignen sich deshalb ebenso wenig für eine Vollzugslockerung wie Häftlinge mit Persönlichkeitsstörungen. Auch, wer die Möglichkeit zum Freigang in der Vergangenheit bereits missbraucht hat, um illegalen Aktivitäten nachzugehen oder ähnliches, erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Status als Freigänger. Im Fall von Uli Hoeneß ergibt sich also die Situation, dass alle Voraussetzungen erfüllt werden und keine Risiken bestehen. Zudem hat der ehemalige Präsident des FC Bayern München einen Beruf und ein gesittetes, soziales Umfeld. Dass er Ersttäter ist, trägt ebenfalls zu der guten Ausgangslage bei.

Welche Rechte und Pflichten hat Hoeneß?

Grundsätzlich wird der Wurstfabrikant aus München wie alle anderen Häftlinge mit Ausgang behandelt. Das heißt, er darf die Haftanstalt täglich verlassen und laut aktueller Meldungen ohne Aufsicht arbeiten und leben. Die Berufswahl steht ihm dabei ebenso frei wie die Wahl der Personen, mit denen er sich umgibt. Zu den Pflichten gehört in erster Linie die regelmäßige Rückkehr in den Strafvollzug. Geschieht dies nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht, drohen disziplinarische Maßnahmen. Eine Straftat ist es allerdings nicht, weshalb bei einem Fehltritt keine Haftverlängerung zu befürchten ist. Die Chancen auf eine frühzeitige Entlassung sinken jedoch. Zudem kann die Vollzugslockerung komplett gestrichen werden. Davon ab kann es im offenen Vollzug noch weitere Pflichten geben. So können die Beamten den Zugang zu bestimmten Lokalen oder Bezirken verbieten und den Häftling dazu auffordern, bestimmte Personenkreise zu meiden. Im Falle eines Steuerhinterziehers wird es hier kaum Einschränkungen geben, während suchtgefährdete Häftlinge oder solche, die außerhalb des Gefängnisses in ein kriminelles Netz verstrickt sind, mit hohen Auflagen rechnen müssen.

Vollzugslockerung und die Folgen für die Haft

Eine Lockerung des Vollzugs ist grundsätzlich eine positive Sache. Sie deutet darauf hin, dass der Häftling sich in der Haft vorbildlich verhalten hat und die Chancen auf eine Wiedereingliederung in das normale Leben hoch sind. Dementsprechend kann ein Freigang ein erstes Zeichen sein, dass ein Teil der Haft zur Bewährung ausgesetzt wird. Laut aktueller Gesetze wird meist das letzte Drittel erlassen. Ersttäter wie Hoeneß werden oft bereits nach der Hälfte der Haftzeit entlassen, wobei hier auch die soziale Umgebung eine Rolle spielt. Der ehemalige Bayern-Präsident hat also gute Aussichten, Anfang 2016 wieder komplett in Freiheit zu sein. Weitere kriminelle Delikte sind unwahrscheinlich, der Vollzug verlief bislang ohne Zwischenfälle und Hoeneß engagiert sich beim FC Bayern München für die Nachwuchsförderung. Das alles sind mildernde Umstände, die eine Lockerung und damit auch eine frühere Entlassung rechtfertigen. Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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