Die Frauenquote kommt

Mit der Mehrheit von SPD und Union wurde die Frauenquote im Bundestag nun beschlossen. Ab 2016 müssen börsennotierte Unternehmen in Deutschland mit stimmberechtigter Arbeitnehmerseite, mindestens 30% weibliche Aufsichtsräte haben - oder der Sitz bleibt leer. 3500 mittelgroße Unternehmen sind verpflichtet, sich selbst verbindliche Ziele aufzuerlegen. Konkret bedeutet das, dass sie nicht nur Aufsichtsrat, sondern auch Vorstand und untere Managementebenen mit Frauen besetzen müssen. Aber hilft ein sanktionsloses Gesetz, die Situation aller erwerbstätigen Frauen in Deutschland zu verbessern und wie sieht der Vergleich zu anderen Ländern aus? Vorweg: Grüne und Linke enthielten sich im Bundestag der Stimme, weil ihnen die Quote nicht weit genug ging. Sie forderten 40% bzw. die Linken sogar 50%. Für Bundesjustizminister Heiko Maas von der SPD ist es hingegen der „größte Beitrag zur Gleichberechtigung seit Einführung des Wahlrechts.“ Angesichts dessen, dass in Deutschland gerade einmal 5% der Vorstandsmitglieder Frauen sind und die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern noch immer gravierend ist, besteht tatsächlich Handlungsbedarf. Kritiker meinen jedoch, dass die beschlossene Frauenquote nicht durchdacht genug und sogar verfassungswidrig ist.

Diskriminierung für Männer?

Wie verhält es sich nun, wenn zwei Bewerber verschiedenen Geschlechts mit gleicher Qualifizierung um einen Posten buhlen? Erhält der Mann den Job, passiert gar nichts, weil die Frauenquote ein zahnloses Gesetz ist. Familienministerin Schwesig von der SPD forderte ursprünglich eine Dokumentation bei Nichteinhaltung der Quote. Dagegen protestierte aber nicht nur die Wirtschaft heftig, sondern auch der Fraktionsschef der Union, Volker Knauder. Macht hingegen die Frau das Rennen, könnte der Mann auf Diskriminierung klagen, weil er den Job alleine wegen seines Geschlechts nicht erhält. Das größere Problem sieht Martin Heidebach von der Universität München jedoch in der Männerquote, die er für verfassungswidrig hält, weil „eine tatsächliche Benachteiligung bei schlichter Unterrepräsentierung nicht gegeben sei.“ Außerdem führt er in seiner Stellungnahme aus, dass eine gesetzliche Quote vor allem im öffentlichen Dienst nichts bringe, weil bereits der Kriterienkatalog für die Stellenbesetzung Frauen ausschließe und sich so der Fall von gleicher Qualifikation gar nicht erst stelle. In ein anderes Horn bläst Kay Windthorst von der Uni Bayreuth, dem Ausnahmeregelungen für die Wirtschaft fehlen. In gewissen Branchen gibt es schlicht und einfach nicht ausreichend qualifizierte Frauen. Zwar trifft dies nicht auf die börsennotierten Unternehmen zu, aber auf die weit größere betroffene Gruppe, die mittelgroßen Unternehmen. Er sieht in diesem Fall eine „verbotene Diskriminierung von Männern.“ Tatsächlich könnte der Fall eintreten, dass Frauen mit weniger Qualifikation eingestellt werden – aus lauter Angst, die Frauenquote nicht zu erfüllen.

Sind Frauen bessere Führungskräfte?

Vielen Studien, die belegen dass von Frauen geführte Unternehmen erfolgreicher seien, stehen genauso viele gegenteilige Studien gegenüber. So fanden Forscher der Universität Harvard heraus, dass im Team entscheidende Investmentbanker schlechte Ergebnisse erzielen, wenn sie Absolventen der gleichen Universität waren. Ähnliche Denkweisen ergeben ähnliche Fehler. Andere Studien attestieren einem aus Frauen und Männern bestehenden Führungsteam mehr Kreativität, aber homogenen Teams weniger gute Ergebnisse – egal, ob das Team aus Männern oder Frauen zusammengesetzt war. Vier Ökonominnen untersuchten Auswirkungen der Frauenquote in Norwegen, die 2003 beschlossen wurde und seit 2008 verbindlich ist. Sie kamen zu einem überraschenden Ergebnis: Die breite Masse der erwerbstätigen Frauen profitierte nicht vom Gesetz. Weder in Form von verbesserten Karrieremöglichkeiten noch hinsichtlich des Einkommens, dass in der Privatwirtschaft nach wie vor geringer ist. Lediglich im öffentlichen Dienst verringerte sich die Einkommensschere.

Braucht es zuerst Veränderungen abseits der Politik?

Es gibt sie, die Länder mit einem hohen Frauenanteil in der Führungsebene. Unternehmen in den USA, der Schweiz und sogar in Russland haben mehr weibliche Entscheidungsträger und das ganz und gar ohne Einmischung der Politik. So besteht die Schweizer Regierung zu über 50% aus Frauen und 40% der Unternehmen bis 250 Mitarbeiter haben Geschäftsführerinnen. Im Unterschied zu Deutschland verzichten Mütter allerdings auf lange Karenzzeiten, die nach wie vor die größte Hürde auf der Karriereleiter darstellt. Je länger die Abwesenheit, desto geringer die Aufstiegsmöglichkeiten. Dieser Umstand kann letztendlich nicht per Gesetz geregelt werden. Bild: sokaeiko / pixelio.de
Tagged under

Apologies, but no related posts were found.