Alles wichtige zum Lokführer-Streik

Die Streiks der Lokführer könnten bei längerer Dauer Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Die Situation scheint im Augenblick so verfahren, dass bereits Rufe nach einem Schlichtungsverfahren laut werden. Sollte der Tarifkonflikt länger andauern und auf andere Bahnen und den Güterverkehr ausgedehnt werden, wären auch Forderungen nach einer gesetzlich herbeigeführten Tarifeinheit denkbar.

Worum geht es?

Die von der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) aufgestellten Forderungen betreffen vor allem die Einführung gleicher Arbeitsbedingungen für alle im Führerstand Beschäftigten. Deren Anzahl beträgt in Deutschland rund 26.000. Für sie soll nach dem Willen der Lokführergewerkschaft ein einheitlicher Rahmentarifvertrag geschaffen werden. Neben Lohnerhöhungen liegen auch Forderungen nach einer Verkürzung der Arbeitszeit um zwei Stunden pro Woche sowie familien- und arbeitnehmerfreundlichere Schichtpläne auf dem Tisch. Als Basisentgelt für alle Lokführer des Personen- und Güterverkehrs fordert die Gewerkschaft außerdem das bei der Deutschen Bahn (DB) geltende Lohnniveau zuzüglich fünf Prozent. Dadurch müssten vor allem die privaten Konkurrenzunternehmen der DB tief in die Tasche greifen. Deren Lokomotivführer erhalten zurzeit Gehälter, die bis zu dreißig Prozent unterhalb dem liegen, was die DB zahlt. Für deren Vertreter ist es daher nicht nachvollziehbar, dass die Streiks bislang vor allem ihre Bahnen betreffen. Sprecher des Konzerns verweisen zudem darauf, dass es für die Beschäftigten im Nahverkehr bereits einen einheitlichen Tarifvertrag gebe.

Konkurrenz unter den Gewerkschaften

Den von der Konkurrenzgewerkschaft EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) ausgehandelten Tarifvertrag lehnt die GDL jedoch aus verschiedenen Gründen ab. Deren Vorsitzender Claus Weselsky argwöhnt, dass es der DB und ihrem Personalchef Ulrich Weber darum gehe, die EVG zum bevorzugten Tarifpartner der Bahngesellschaften zu machen und seine Gewerkschaft auszubooten. Notfalls mittels einer per Gesetz verordneten Tarifeinheit, um die Interessen der Wirtschaft zu schützen. Weselsky pocht auf den Vertretungsanspruch der von ihm geführten Arbeitnehmervertretung und sieht in dem Vorgehen der DB den Versuch, die Lokomotivführer in die Arme der EVG zu treiben. Für Vertreter der Bahn wird jedoch umgekehrt ein Schuh daraus. Sie werfen der Streikpartei vor, einen Alleinvertretungsanspruch zu erheben, obwohl 5000 Lokomotivführer in der EVG organisiert seien. Die privaten Zugunternehmen haben bereits aus Protest gegen den Alleinvertretungsanspruch der von Weselsky geführten Gewerkschaft davon abgesehen, gemeinsam zu verhandeln. Sollten die Privatunternehmen bei dieser Haltung bleiben, würden bis zu einer Einigung viel mehr Einzelverhandlungen als bisher nötig sein.

Gewerkschaftliches Selbstverständnis und Einfluss stehen auf dem Spiel

Für die GDL geht es bei diesem Streik um ihr eigenes Selbstverständnis und damit auch um ihre Existenz. Nachdem sie in dem großen Streik von 2007 und 2008 die Interessen ihrer Mitglieder erfolgreich vertreten hat, will sie es nicht hinnehmen, dass nun ein von der EVG abgeschlossener Tarifvertrag für die Beschäftigten gelten soll, der Abschlüsse von bis zu sechs Prozent unterhalb des Niveaus der DB-Gehälter erlaubt. Umgekehrt will sich die Deutsche Bahn nicht dem Willen einer zahlenmäßig kleinen Arbeitnehmervertretung unterwerfen. Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
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