Kaum ein Thema bewegt die deutsche Bevölkerung zurzeit so sehr wie die Flüchtlingspolitik. Vor allem verfolgte Syrer und Nordiraker suchen derzeit eine sichere Bleibe in der EU (Europäische Union). Seit Langem war der Zustrom Verfolgter, die in Deutschland Asyl beantragten, nicht mehr so hoch wie im vergangenen Jahr. Der Deutsche Städtetag erwartet, dass die Zahl der Asylbewerber in diesem Jahr um 60 Prozent steigen wird. Allein 20.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien sollen hier aufgenommen werden. Im Gegensatz zum letzten Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts jedoch ist die Aufnahmebereitschaft der Deutschen gestiegen. Die Mehrheit beklagt nicht mehr das „volle Boot“ oder die „Überschwemmung durch die Flüchtlingsflut“.
Die erschreckenden Bilder von abgeschlachteten Syrern und Nordirakern lassen die Öffentlichkeit entsetzt zurück. Viele Kommunen in den Bundesländern stehen jedoch vor großen Schwierigkeiten. Bevor zusätzliche Flüchtlinge aufgenommen werden können, müssen ausreichende Unterkünfte geschaffen werden, und das ist nicht immer einfach. Für vernünftige Aufnahmemodalitäten ist letztendlich die Politik in den Kommunen verantwortlich.
Politisch Verfolgte genießen das Asylrecht – aber nicht alle
Das Asylrecht ist im Grundgesetz festgeschrieben. So heißt es im Artikel 16 „Politisch Verfolgte genießen Asyl.“ Dieser Artikel ist eine Konsequenz aus der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten und gehört zu unseren wertvollsten Grundgesetzen. Zu politisch Verfolgten gehören diejenigen, die aufgrund ihrer politischen Anschauung, ihrer Rasse, ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihrer Nationalität oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe diskriminiert und verfolgt werden. Schutz vor Verfolgung kann auch nach der Genfer Konvention gewährt werden.
Die Aufnahmequote seit dem Jahr 2002 beträgt dagegen nur noch etwa 2 Prozent. Warum nehmen wir nicht mehr politisch Verfolgte auf? Gehören die meisten Asylsuchenden etwa zu den sogenannten „Wirtschaftsflüchtlingen“, die das Asylrecht nicht beanspruchen können? Der Grund für die restriktive Flüchtlingspolitik liegt in der „Drittstaatenregelung.“ Darüber hinaus wurde vor Kurzem beschlossen, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien aus der Liste der sicheren Herkunftsländer zu streichen. Den Migranten aus diesen Balkanstaaten wird also die Möglichkeit verwehrt, das Asylrecht in Anspruch zu nehmen.
Die Drittstaatenregelung – eine Abschottungspolitik
Als im Jahre 1993 das Asylrecht, aufgrund der angeblichen Masseneinwanderung von Flüchtlingen, im Bundestag mit den Stimmen der Union, der FDP und auch der SPD der sogenannte „Bonner Asylkompromiss“ beschlossen wurde, griff die Politik zu restriktiveren Mitteln. Diese Verschärfung des Asylrechts beinhaltet, dass der Flüchtling, der über einen sicheren europäischen Staat einreist, nur dort seinen Asylantrag stellen kann. Und die meisten Asylsuchenden aus dem Nahen Osten geraten nun mal über das Mittelmeer nach Italien, Griechenland oder Spanien. Sie haben daher keine Möglichkeit, nach Deutschland einzureisen. Die ganze Verantwortung für die Verfolgten aus dem afrikanischen Raum ruht also auf den Schultern der Mittelmeerstaaten. Dieser fatale Asylkompromiss wird nach wie vor von Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl, Amnesty International, von den Flüchtlingsräten, von kirchlichen Verbänden wie der Diakonie und der Caritas kritisiert. Der UNHCR appelliert an alle europäische Staaten, mehr Asylsuchende aufzunehmen.
Das Asylverfahren und die Flüchtlingspolitik in Deutschland
Begleiten wir nun den Weg eines Flüchtlings bspw. aus Syrien. Jeder Asylbewerber, der hier Schutz sucht, landet zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung, die in jedem Bundesland vorhanden ist. Nachdem seine Personaldaten aufgenommen, Fingerabdrücke entnommen und an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weitergeleitet wurden, erhält der Flüchtling für die Zeit des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgenehmigung. Er stellt einen Antrag an die zuständige Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, die den Asylantrag auch mithilfe einer persönlichen Anhörung gründlich prüft. In der Erstaufnahmeeinrichtung verbleibt der Asylbewerber nicht lange, der „Königsteiner Schlüssel“ weist ihn anschließend einem bestimmten Bundesland zu. Dieser Schlüssel berücksichtigt die Größe und die Aufnahmekapazität jedes einzelnen Landes. So beträgt die Aufnahmequote für Bayern rund 15 Prozent, für Nordrhein-Westfalen jedoch rund 21 Prozent, während das Land Niedersachsen nur 9,4 Prozent aufnehmen muss.
Flüchtlingspolitik in den Kommunen – eine verantwortungsvolle Aufgabe
Jedes Bundesland hat nun die Aufgabe, die Asylsuchenden auf geeignete Kommunen zu verteilen. Hier ist die Aufnahmekapazität maßgeblich. Und wo sollen die Menschen unterkommen? Besonders in größeren Städten herrscht bereits Wohnungsnot, wo soll dann noch Platz für Menschen aus anderen Ländern geschaffen werden? So richten etliche Kommunen Sammelunterkünfte ein, manchmal sogar Notunterkünfte in Turnhallen, in Schulen oder gar in Kasernen. Dass das nicht der richtige Weg sein kann, ist den Verantwortlichen bewusst. Besser wäre die Unterbringung in Wohnungen. Die Menschen könnten sich besser integrieren, die Aufnahme wäre auch kostengünstiger als in Lagern oder Sammelunterkünften. Zum Glück gibt es nicht staatliche Organisationen wie die Diakonie, die Caritas, Amnesty International und viele Flüchtlingsinitiativen, die in unermüdlichem Einsatz für die Asylsuchenden da sind.
Fazit: Das Grundrecht auf die Gewährung des Asylrechts wurde im Laufe der Zeit stark ausgehöhlt. Besonders die „Drittenstaatenregelung“ bewirkt, dass nur noch wenige Asylsuchende den Weg zu uns finden. Der UNHCR fordert eine gerechtere Verteilung der Verfolgten innerhalb Europas.
Bild: Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM) / pixelio.de