
Allgemeiner Stand der Digitalisierung in Deutschland im Vergleich
99,6 Prozent aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 10 und weniger als 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz, der unter 50 Millionen Euro im Jahr liegt, gehören zum Mittelstand. Der Mittelstand stellt also das Rückgrat der deutschen Wirtschaft dar. Fast die Hälfte aller Arbeitnehmer ist in mittelständischen Betrieben beschäftigt. Der Bundesverband der Industrie (BDI) und die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften haben 2017 einen Innovationsindikator erstellt. Insgesamt rangiert Deutschland international auf Platz 4. Stark zeigt sich vor allem die Schweiz. Singapur rangiert ebenfalls weit vorne, was vor allem an den enormen staatlichen Investitionen liegt. Auf Platz 3 des Rankings liegt Belgien. In die Bewertung floss dabei auch ein Digitalisierungsindikator ein, bei dem Deutschland im internationalen Vergleich schlecht abschneidet. Besonders die Digitalisierung in den Bereichen Wirtschaft, Forschung/Technologie, Bildung und Infrastruktur ist schlecht ausgeprägt, da nur verhältnismäßig selten Softwarelösungen oder Cloud-Computing in der Industrie, an Hochschulen oder in der Verwaltung Anwendung finden. Länder wie Israel, Finnland, die USA oder Australien liegen hier deutlich vorne. Nur im Bereich „Digitalisierung der Gesellschaft“ schneidet Deutschland akzeptabel ab und überholt sogar die USA, da vergleichsweise viele Menschen privat über einen Internetzugang verfügen und diesen zu nutzen wissen. Potential für eine Digitalisierung der Restbereiche ist also in der deutschen Gesellschaft gegeben.Digitalisierung im Mittelstand – Fehlt nur das schnelle Internet?
Schon heute erfolgt in wohl jedem Einrichtungshaus eine Küchenplanung mittels entsprechender Software. Handwerksbetriebe nutzen Maschinen, die über Softwareprogramme gesteuert fräsen, sägen oder Material prüfen. Einige Unternehmen, die bereits stark digitalisiert arbeiten, können unter keinen Umständen riskieren, dass es zu Unterbrechungen in der Netzinfrastruktur kommt, ohne dass die gesamte Fertigungskette zum Erliegen kommt. Kann auf die digitalisiert gesteuerten Systeme nicht zugegriffen werden, ist das entweder nachteilig oder sogar katastrophal. Unternehmen, die international einem zunehmend harten Konkurrenzkampf ausgesetzt sind, brauchen einen verlässlichen Zugang zu schnellen Netzen. Nicht alleine die Breitbandversorgung, auch die flächendeckende Abdeckung mit einem schnellen Mobilfunknetz ist für die deutsche Wirtschaft im weiteren Verlauf der Digitalisierung absolut notwendig. Der Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zeigt deutlich, dass gerade der alpine Raum südlich von Freiburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern unterversorgt sind. Die Durchdringung Deutschlands mit dem Glasfasernetz ist im internationalen Vergleich erschreckend gering. In Korea greifen fast alle an das Internet angeschlossenen Haushalte über Glasfaserkabel auf das Internet zu. In Deutschland sind es lediglich 2 Prozent. Die Bundesregierung hatte sich zum Ziel gesetzt, bis 2018 alle Haushalte mit einer Bandbreite von 50 Mbit/s zu versorgen und hat dieses Ziel verfehlt. Dass Providerbündnisse den Netzausbau alleine vorantreiben, scheitert zurzeit noch am Widerstand der Telekom, die mit 455.000 km über das am weitesten ausgebaute Netz verfügt. Vodafone und 1&1 Versatel rangieren nach eigenen Angaben mit 58.000 km und 41.000 km weit dahinter. In Verbänden wie dem Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. und dem Bundesverband Glasfaseranschluss (Buglas) e.V. ringen die Verbände schon lange um Vorfinanzierungsmittel durch die Bundesregierung und werfen ihr vor, die Telekom bei Ausbau des eigenen Netzes zu privilegieren. Schätzungsweise würde ein landesweiter, flächendeckender Ausbau des Glasfasernetzes in Deutschland circa 80 Milliarden Euro kosten. Zugleich sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass viele mittelständische Unternehmen das Internet nicht einmal insoweit nutzen, als dass sie damit auf das eigene Angebot aufmerksam machen oder für sich werben. Der Monitoring-Report von tns-infratest zeigt, dass im Handwerk überhaupt nur 56 Prozent aller Betriebe einen eigenen Internetauftritt haben. Im Dienstleistungsbereich haben zwar 81 Prozent der Unternehmen eine eigene Webseite, nur 40 Prozent aller Betriebe nutzt aber für Unternehmenszwecke ein Smartphone. Bevor also nur nach dem Staat gerufen wird, sollte jedes Unternehmen prüfen, ob es selber den Anforderungen der Digitalisierung schon genügt und was im eigenen Betrieb noch zu tun ist, bevor eine Datenübertragung von über 300 Mbit/s für alle Unternehmenszwecke zur Verfügung steht. Dazu bietet eStep Mittelstand, ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie initiiertes Forschungsprojekt eine Selbstevaluierungsmöglichkeit für Unternehmen des Mittelstands.Die Herausforderungen der Transformation
- Einige konkrete Herausforderungen bei der Digitalisierung sind für den Mittelstand:
- Verwendung digitaler Techniken, um just-in-time, also ohne hohe Lagerbestände zu erzeugen und in direkter Reaktion auf die aktuelle Nachfragesituation am Markt produzieren zu können
- Schnellere Kommunikation zwischen Planung und Produktion, Partnern und Zulieferern, um die Produktionsprozesse zu verbessern
- Sensorgesteuerte Produktverfolgungen, um den Kundenservice oder notwendige Wartungsarbeiten zu optimieren
- Datenmanagement der gesammelten Erfahrungswerte aus dem Customer Relationship Management (CRM), zur Optimierung der Kundenbeziehung, auch unter Einbeziehung von Daten aus den sozialen Netzwerken
- (nachträgliche) Qualifizierung des Personals zum Umgang mit allen notwendigen digitalen Techniken