Alles Wichtige zum Pilotenstreik

Die 5.400 Piloten der Lufthansa streiken in erster Linie für das mehr als 50 Jahre alte Privileg der Übergangsversorgung und nicht für eine höhere Besoldung. Angesichts jährlicher Spitzengehälter von 250.000 EUR nach mehreren Jahrzehnten Dienst und Einstiegsgehältern von 73.000 EUR gibt es eigentlich keinen Grund zur Klage. Bisher konnten die Flugzeugführer frühestens mit 55 Jahren und spätestens mit 60 Jahren in den Vorruhestand gehen. Eine sogenannte Übergangsversorgung schloss die Versorgungslücke bis zum Eintritt ins gesetzliche Rentenalter. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes 2011 Verbot der Lufthansa diese Verfahrensweise, sodass Handlungsbedarf bestand. Nach Ansicht der Airline entfiele nun auch die Notwendigkeit einer Übergangsregelung, weil die Piloten bis 65 arbeiten könnten. Der Manteltarifvertrag wurde deshalb Ende 2014 aufgehoben. Die Vereinigung Cockpit (VC) fordert hingegen, dass jeder Pilot eigenständig entscheiden soll, wann er in den Ruhestand geht. Die körperlichen Belastungen durch Schichtdienst, Nachtarbeit und Zeitzonen bei Langstreckenflügen bestehen nach wie vor. Zudem kämpfen die Piloten gegen eine Ausweitung des Billigangebots der Airline. Airlines und Flughäfen machen die kleinen Spartengewerkschaften für die Entwicklung verantwortlich. Die Politik will gesetzlich pro Unternehmen nur noch eine Arbeitnehmervertretung erlauben. Es ist aber fraglich, ob die Politik nicht mit der Jurisdiktion in Konflikt gerät.

Pilotenstreik - Folgen für die Wirtschaft

Bei einem umfassenden Streik ist von einem täglichen Schaden zwischen 30 und 40 Millionen EUR auszugehen. Darin ist aber der drohende Imageverlust noch nicht berücksichtigt. Denn für eine Fluggesellschaft ist Zuverlässigkeit eine elementare Eigenschaft. Die genauen Kosten des Streiks lassen sich kaum beziffern. Die Unternehmen müssen zwar kurzfristig Pläne und Projekte verschieben, aber die Ausfälle werden im Nachhinein aufgearbeitet. Im Jahresverlauf ist der Schaden deshalb für die Wirtschaft nicht messbar. Vom Pilotenstreik profitiert die Konkurrenz mit Air Berlin am meisten. Air France setzt größere Flugzeuge von Paris nach Frankfurt, München und Düsseldorf ein. Die anderen Fluggesellschaften können ihre Preise wegen der gestiegenen Nachfrage erhöhen. Wenn Flüge passen, bucht sogar die Airline ihre Passagiere auf Maschinen der Konkurrenz um und muss die Kosten dafür übernehmen. Bei der Luftfracht geht es for allem um Medikamente, Ersatzteile, lebende Tiere und Obst. Kunden der Lufthansa Cargo müssen alternative Transportmittel suchen. Für Passagiere und Reisebüros bedeutet der Pilotenstreik Hektik und zusätzliche Arbeit mit Umbuchungen und Stornierungen. Die Mehrkosten erstattet niemand. Lufthansa und Germanwings werden statt Flugtickets oft Bahn-Gutscheine ausgeben. Für die zusätzlichen Fahrgäste hält die Bahn Reservezüge mit Personal an wichtigen Bahnhöfen bereit.

Um wieviel Geld geht es im Pilotenstreik?

Die Piloten-Gewerkschaft bemisst den Streikwert auf rund eine Milliarde EUR. So groß seien die Rückstellungen für die Übergangsrenten, die das Airline-Management auflösen wolle. Die möglichen Gehaltssteigerungen fallen kaum ins Gewicht, weil die Rentenzusagen langfristiger wirken. Zum Jahresende 2012 bezifferte die Airline ihre Pensionsverpflichtungen im Inland auf 11 Milliarden EUR. Etwa 1 Milliarde davon geht in die Übergangsversorgung und weitere 3 Milliarden in die Betriebsrenten der Flugzeugführer, die 10 Prozent der Belegschaft umfassen. VC fordert 10 Prozent mehr Aufschlag, die Airline bietet 5,2 Prozent und eine Einmalzahlung von 2.000 EUR.

Chronologie des Streiks

  • 02.04.2014: Beginn eines dreitägigen Arbeitskampfes. 4.000 Flüge fallen aus, was etwa 425.000 Passagiere trifft.
  • 04.09.2014: Nach gescheiterten Tarifverhandlungen streiken die LH-Piloten am Flughafen Frankfurt. Es finden keine Kurz- und Mittelstreckenflüge statt.
  • 09.09.2014: Diesmal ist besonders Deutschlands zweitgrößter Flughafen München im Erdinger Moos betroffen. 110 innerdeutsche und innereuropäische Flüge, darunter 15 Langstreckenflüge, fallen aus.
  • 30.09.2014: Neue Eskalationsstufe! Erstmals im laufenden Tarifkonflikt legt die VC mit einem Streikaufruf gezielt Langstreckenflüge lahm.
  • 20.10.2014: Etwa 1.400 Kurz- und Langstreckenflüge fallen aus. Kunden können sich über jeden Flug im Internet informieren. Außerdem erhalten Kunden über einen abgesagten Flug per SMS Kenntnis.
Bild: Petra Schmidt / pixelio.de
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